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Warum ist es für Selbständige so wichtig, dass sie für ihr Geschäft einen Zielmarkt auswählen? Über die Jahre habe ich eine große Anzahl von Gesprächen mit selbständigen Übersetzern und Dolmetschern sowie kleinen Teams geführt. Nur wenige von ihnen haben eine klar definierte Zielgrippe. Viele von ihnen tun sich jedoch mit der Kundengewinnung wirklich schwer. Sie sind überzeugt, dass es zu wenige potentielle Kunden gibt, um die sie mit all ihren Wettbewerbern konkurrieren müssen. Dabei ist eigentlich das Gegenteil der Fall.

Viele potentielle Kunden

Für Selbständige gibt es in fast jedem Markt eine große Anzahl potentieller Kunden, wenn sie es richtig angehen. Wenn sie einen Zielmarkt auswählen, dann gibt es in diesem meist so viele potentielle Kunden, dass sie über Jahre ausgebucht wären, wenn sie nur einen winzig kleinen Anteil von diesem Markt für sich gewinnen könnten.

Warum tun sich Selbständige dann so schwer, Kunden zu gewinnen? In diesem Beitrag geht es um die aus meiner Erfahrung wichtigste Ursache: Die Konzentration auf einen Zielmarkt.

Der Zielmarkt

Wenn ein Selbständiger erhebliche Probleme hat, eine ausreichend große Anzahl von Kunden für sein Angebot zu gewinnen, dann liegt dies in den allermeisten Fällen daran, dass er entweder gar keinen Zielmarkt ausgewählt hat oder dass er versucht, verschiedene Zielmärkte zugleich zu bearbeiten. Beides bringt denkbar schlechte Ergebnisse. Wenn du zukünftig eine wachsende Anzahl von Kunden gewinnen willst, dann solltest du für dein Geschäft einen Zielmarkt auswählen und dich auf diesen konzentrieren.

Was ist ein Zielmarkt?

Ein Zielmarkt ist eine ganz spezifische Gruppe von Personen oder Unternehmen, die bestimmte Gemeinsamkeiten haben. Die wichtigsten Kriterien sind das gleiche Ziel sowie gleiche oder zumindest sehr ähnliche Wünsche oder Bedürfnisse.

Hier sind ein paar Beispiele für Zielmärkte: Rechtsanwaltskanzleien, die sich auf Markenrecht spezialisiert haben. Hersteller von Druckmaschinen. Architekturbüros für Frei- und Hallenbäder. Werften für Luxusyachten. All dies können gute Zielmärkte sein. Warum haben dann so viele Selbständige ein Problem mit ihrem Zielmarkt? Dies hat vor allem die folgenden Gründe:

  • Sie wissen nicht, wie sie einen geeigneten Zielmarkt für sich auswählen können.
  • Sie wissen nicht, was sie tun sollen, um in einem Zielmarkt eine ausreichend große Anzahl von Interessenten und Kunden zu gewinnen.
  • Vor allem aber halten sie es für viel zu riskant, sich nur auf einen Zielmarkt zu konzentrieren.

Das Ergebnis davon ist, dass sie überall ein wenig ausprobieren. Dies ist jedoch die schlechteste aller möglichen Vorgehensweisen.

Ein Zielmarkt ist wie ein großer See

Ein Zielmarkt ist wie ein See. Er hat seine Eigenheiten und man muss ihn genau kennen, um das beste Ergebnis erzielen zu können. Wir können uns einen Zielmarkt wie einen See vorstellen, in dem eine große Anzahl Fische derselben Gattung schwimmt. Diese stehen für die möglichen Kunden. In einem See befinden sich Forellen, in einem anderen See Karpfen, in einem dritten Renken usw.

Was passiert nun, wenn wir in jedem dieser Seen Fische fangen wollen? Wir müssen uns jedes Mal auf die Besonderheiten des Sees und der darin befindlichen Fische einstellen. Wenn wir in zwei- oder drei Seen angeln wollen, benötigen wir auch zwei- oder dreimal so lange, um diese Besonderheiten kennen zu lernen. Und wir benötigen für jeden See bestimmte, spezielle Ausrüstungsgegenstände, die wir nur dort verwenden können.

Mehrere Zielmärkte verursachen einen sehr viel größeren Aufwand

Genauso geht es einem Selbständigen, der mehrere Zielmärkte auswählen. Er benötigt ein Vielfaches der Zeit, um deren Besonderheiten kennen zu lernen. Dies ist bei drei Märkten nicht nur der dreifache Aufwand, sondern deutlich mehr. Und ein Teil seiner „Ausrüstung“ kann er ebenfalls nur in einem See nutzen. Egal, ob dies bestimmte Programme, Werkzeuge oder Hilfsmittel sind. Denn jeder Zielmarkt hat auch darin seine ganz eigenen Anforderungen. Er benötigt also auch davon mehr.

Wenn unser Angler ständig zwischen den Seen hin und her wechselt, wird er über einen sehr langen Zeitraum keine oder nur sehr geringe Ergebnisse erzielen. Da er seine Vorgehensweise jedoch selbst so gewählt hat, wird er die Ursache für diese schlechten Ergebnisse nicht in seinem Vorgehen sehen. Statt dessen wird er die Ursachen an anderen Stellen suchen.

Beim Wetter, den anderen Anglern, der Wasserqualität usw. Und er wird wahrscheinlich weitere Ausrüstung kaufen, in der Hoffnung, dass es damit dann besser klappt. Nur seine Vorgehensweise wird er nicht ändern. Denn er ist überzeugt, dass diese gut ist. Mehr Seen muss doch bessere Ergebnisse bringen. Schließlich heißt es doch immer, man sollte sein Risiko streuen und nicht alles auf eine Karte setzen.

Zu viel und zu wenig

Viele Selbständige, die sich mit der Kundengewinnung schwer tun, haben dasselbe Problem, wie der Angler. Sie gehen meist drei, vier oder fünf verschiedene Zielmärkte zur gleichen Zeit an. Ständig springen sie zwischen ihren Zielmärkten hin und her. Nach ihrer Logik bedeutet mehr Zielmärkte auch mehr potentielle Kunden und somit eine höhere Chance einen Kunden zu gewinnen. Klingt doch logisch. Ist es aber leider nicht.

Sie gehen davon aus, dass sie durch die Bearbeitung mehrerer Zielmärkte eine höhere Chance haben, dass sich ein Interessent bei ihnen melden wird. Aber warum sollte er dies tun? Denn genau das, was ein Selbständiger in so einem Fall als seine Stärke ansieht, nämlich für verschiedene Zielmärkte ein Angebot zu haben, betrachtet ein Interessent als eine große Schwäche. Ihm fehlt das, was er bei einem Spezialisten erwartet. Er vermisst bei ihm die Spezialisierung und die Fokussierung auf seinen Markt.

Würdest du dich Donnerstags von einer Person am Knie operieren lassen, die Montags eine Passagiermaschine durch Europa fliegt, Dienstags als Architekt arbeitet und Mittwochs als Tauchlehrer tätig ist? Vielleicht hältst du diesen Vergleich für übertrieben. Aber für die Mitglieder eines Zielmarktes sieht dies genau so aus. Sie wollen jemanden haben, bei dem sie sicher sind, dass er ein Spezialist ist, seine Sache versteht und ihnen helfen kann. Gerade weil er als Selbständiger alleine ist oder es sich nur um ein kleines Team handelt. Deshalb solltest du dich auf einen Zielmarkt konzentrieren.

Kommunikation und Sichtbarkeit im Zielmarkt

Mit der Fokussierung auf einen Zielmarkt steht und fällt deine Kommunikation und deine Sichtbarkeit im Zielmarkt. Denn eine wichtige Eigenschaft eines Zielmarktes ist, dass er über ein internes Netzwerk zur Kommunikation verfügt.

Ich nehme hier als Beispiel den Zielmarkt „Drachenflieger“. Diese gibt es fast überall auf der Welt und sie kommunizieren ständig miteinander. Dies passiert z.B. über Magazine, Shops, Events, Blogs, Videos, per E-Mail und natürlich auch von Person zu Person.

Dies ist eine der großen Stärken eines Zielmarktes. Er sorgt dafür, dass sich Informationen rasch zu seinen Mitgliedern verbreiten. Als Selbständiger kann man dies auch für seine eigene Kommunikation nutzen. In diesen Genuss kommt man aber nur, wenn man bereit ist, sich auf einen Zielmarkt zu konzentrieren. Denn man muss sich langfristig in einem Zielmarkt zeigen und engagieren, um von der Mehrheit der Mitglieder eines Zielmarktes akzeptiert zu werden. Wenn man dazu bereit ist, kann man auf diese Weise eine große Anzahl von potentiellen Kunden in diesem Zielmarkt erreichen.

Du kannst eine Autorität für deinen Zielmarkt werden

Vielleicht wird man irgendwann sogar von den Mitgliedern als eine Autorität angesehen. Als eine Person, auf die Mitglieder eines Zielmarktes hören, dessen Meinung ihnen wichtig ist, dem sie vertrauen und an dem sie sich orientieren.

Als Autorität eines Zielmarktes hast du vor allem zwei Vorzüge:

  • Du kannst mit geringem Aufwand eine große Anzahl von Personen ansprechen und zu einem bestimmten Verhalten motivieren.
  • Dein Zielmarkt ist bereit, für dein Angebot überdurchschnittliche Preise zu bezahlen.

Die Fokussierung auf einen Zielmarkt hat aber noch einen weiteren Vorteil: Deine gesamte Kommunikation wird dadurch viel klarer. Dies betrifft z.B. die Texte auf deiner Website, deine Blogbeiträge, deine Beiträge in Foren, deine Präsentationen, Vorträge und Videos.

Durch die Konzentration auf einen Zielmarkt weißt du, wie dein Zielmarkt denkt und handelt. Du kennst seine Ziele, Wünsche und Bedürfnisse. Deshalb kannst du auch deine Aussagen klar formulieren. Du musst keine Kompromisse für verschiedene Zielmärkte machen. Dadurch wissen die Mitglieder deines Zielmarktes auch, dass du für sie da bist. Dies fördert ihr Vertrauen in dich und dein Angebot.

Kann ein Zielmarkt zu klein für mich sein?

Eine ganz weitverbreitete Furcht unter Selbständigen ist, dass ein Zielmarkt für sie zu klein sein könnte. Das ist eine vollkommen unbegründete Angst. Ich habe hier ein paar Beispiele von Unternehmen, die heute als sehr groß gelten:

  • Amazon hatte am Anfang nur wenige Bücher für einen ganz kleinen Zielmarkt auf seiner Website. Im Laufe der Zeit weitete es diesen Zielmarkt immer weiter aus, blieb aber bei Büchern. Erst als es dort eine dominierende Marktstellung hatte, weitete es sein Angebot auf andere Produkte aus. Als nächsten Schritt ging Amazon in das Cloud-Geschäft. Heute ist es nicht nur der weltgrößte Buchhändler und einer der größten Händler überhaupt, sondern hat auch eine dominierende Stellung im Speichern und Streamen von Dateien.
  • Die ersten Produkte auf ebay waren Pet Dispenser. Dies sind Figuren mit Comic- oder Tierköpfen, welche einen Zuckerdrops ausgeben. Das zweite Produkt waren dann Beanie Babies (kleine Kuscheltiere). Beides sind Produkte für wirklich kleine Zielmärkte. Aber sie waren damals groß genug für ebay.
  • PayPal wurde zunächst für etwa 20.000 Power Seller auf ebay entwickelt. Für ein komplexes Zahlungssystem ist dies ein winzig kleiner Zielmarkt. Diese Fokussierung half jedoch ein wirklich gutes, revolutionäres Zahlungssystem zu entwickeln.
  • Für Pinterest war die erste Zielgruppe Design-Enthusiasten und Künstler, die sich in Coffee-Shops in Berkley bei San Francisco aufhielten.
  • Die ursprüngliche Zielgruppe von Facebook waren etwa 10.000 Studenten der Harvard University. Erst als das Programm dort gut angenommen wurde und funktionierte, ging Facebook zur nächsten Universität weiter.

All diese Unternehmen haben sich zuerst auf einen sehr begrenzten Zielmarkt fokussiert. Sie haben für diesen einen Zielmarkt alles in ihrer Macht stehende getan, um nicht nur ein gutes, sondern ein phantastisches Angebot zu entwickeln, das die Mitglieder des Zielmarktes wirklich lieben. Erst als sie dies erreicht hatten, expandierten sie in neue Zielmärkte.

Jedes große Unternehmen hat einmal klein begonnen

Vielleicht sagst du dir gerade, dass dies ja alles große, weltweit agierende Unternehmen sind und sie deshalb nicht als Vergleich zu dir und deinem Unternehmen dienen können. Ja, sie sind heute sehr groß. Aber sie waren alle einmal genau so klein, wie dein Unternehmen.

Google war am Anfang Larry Page und Sergey Brin. Facebook war Mark Zuckerberg. Amazon war Jeff Bezos. ebay war Pierre Omidyar. Pinterest war Ben Silberman. Airbnb war Brian Chesky, Joe Gebbia und Nathan Blecharczyk. Microsoft war Bill Gates und Paul Allen. Apple war Steve Jobs und Steve Wozniak. LinkedIn war Reid Hoffman, Jean-Luc Vaillant, Eric Ly, Konstantin Guericke und Allen Blue.

All diese riesigen Unternehmen waren am Anfang Selbständige oder kleine Teams, die sich auf einen sehr kleinen Zielmarkt konzentriert haben.

Ich kann mir wirklich keine Situation vorstellen, in der ein sorgfältig ausgewählter Zielmarkt für einen selbständigen Übersetzer und Dolmetscher oder auch ein Team zu klein sein sollte.

Deine Kunden werden dich lieben

Wenn ein Selbständiger sich einem Zielmarkt verschreibt und alles tut, um den Mitgliedern seines Zielmarktes das beste Angebot zu bieten, dann wird er nicht nur einen großen Marktanteil in diesem Zielmarkt erreichen. Die Mitglieder seines Zielmarktes werden ihn auch lieben.

Sie werden dann zu seinen Fans und mit ihren Bekannten und Freunden darüber sprechen. Dies wird ihm zahlreiche Möglichkeiten eröffnen, neue Kunden zu gewinnen und seine Aktivitäten auch in andere lukrative Bereiche auszudehnen.

Vielleicht denkst du aber auch, dass die gerade genannten Unternehmen nicht mit deinem vergleichbar sind, weil sie ja viel Geld von Venture Capital-Investoren erhalten haben. Das stimmt. Sie wurden mit vielen Millionen ausgestattet. Aber diese Finanzierung haben sie erst erhalten, als sie ihre ersten Erfolge vorweisen konnten.

Davor waren sie in der genau gleichen Situation, wie du. Und als sie dann das Geld hatten, wäre es ihnen leicht gefallen, auf verschiedenen Zielmärkten zur gleichen Zeit aufzutreten. Sie haben dies nicht gemacht, weil sie wussten, dass sie damit ihre Erfolgschancen dezimieren würden.

Zusammenfassung

Einen klar definierten Zielmarkt zu haben ist wirklich sehr wichtig. Ohne dies ist ein Markterfolg nicht möglich.

Solange du noch keine starke Marktstellung in deinem ersten Zielmarkt erreicht hast, wird jeder zusätzliche Zielmarkt die Komplexität erhöhen und deine Erfolgschancen deutlich reduzieren. Deshalb ist es wichtig, dass du dich auf einen Zielmarkt fokussierst.

Hier sind noch einmal die wesentlichen Gründe, warum du einen und nur einen Zielmarkt auswählen solltest:

  1. Du weißt genau, wo du deine potentiellen Kunden finden kannst, welche das suchen, was du anbietest.
  2. Du kannst dein Angebot genau auf deren Wünsche Bedürfnisse abstimmen.
  3. Du kannst die Vorgehensweise entwickeln, welche für diesen Zielmarkt am Besten geeignet ist.
  4. Deine gesamte Kommunikation, mit der du auf dich und dein Angebot aufmerksam machst, wird wirkungsvoll sein.
  5. Du kannst das Kommunikationsnetzwerk des Zielmarktes nutzen, um deine Informationen zu verbreiten.
  6. Die Menschen in deinem Zielmarkt sehen, dass du dich ihnen verschrieben hast. Sie bauen Vertrauen zu dir auf. Dies ist wichtig, um sie als Interessenten und Kunden gewinnen zu können.
  7. Für Selbständige und kleine Teams sind eng fokussierte Zielmärkte groß genug, um über viele Jahre ein lukratives Geschäft betreiben zu können.

Ich wünsche dir viel Erfolg!